Die meisten angehenden Therapeuten wissen bereits, für welche Richtung sie sich entscheiden. Einige haben jedoch Zweifel und sind sich nicht sicher, ob sie lieber die Ausbildung für Erwachsene (Psychologischer Psychotherapeut – kurz PP) oder die für Kinder- und Jugendliche (Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut – kurz KJP) absolvieren wollen. Zudem gibt es verschiedene Gerüchte über eine weniger gute Bezahlung von KJPlern und darüber, dass es einfacher ist als Erwachsenenpsychotherapeut/-in eine Zusatzqualifikation in KJP zu absolvieren als andersrum. In diesem Artikel versuche ich etwas Klarheit in das Thema zu bringen.

Grundsätzlich gibt es nach beiden Approbationen die Möglichkeit sich in dem anderen Bereich weiterzubilden. Die Art der Weiterbildung unterscheidet sich jedoch:

Weiterbildungs-Möglichkeit nach der Kinder- und Jugendpsychotherapie-Ausbildung

Nach der KJP-Ausbildung besteht die Möglichkeit eine zusätzliche PP-Approbation zu erlangen. Für die anschließende PP-Ausbildung werden in den meisten Bundesländern mittlerweile 2/3 der KJP-Ausbildung anerkannt. Für die verkürzte postgraduale Ausbildung muss dann also nur noch 1/3 der PP-Ausbildung absolviert werden. Danach hat man eine doppelte Approbation. Diese Möglichkeit besteht jedoch nur für KJPler, die ein Diplom oder Master in Psychologie haben.

In den meisten Fällen bedeutet die verkürzte postgraduale Ausbildung in der Umsetzung folgendes: 600 Stunden Praktische Tätigkeit, keine weitere Selbsterfahrung, 200 Stunden Theorie, 200 Stunden Praktische Ausbildung (bei mind. 5 Patienten) und damit mind. 50 Stunden Supervision.

Für die postgraduale Ausbildung muss man übrigens nicht am gleichen Institut oder im gleichen Bundesland bleiben.

Weiterbildungs-Möglichkeiten nach der Erwachsenen-Psychotherapie-Ausbildung

Berufsrechtlich darf man mit der PP-Approbation Erwachsene und Kinder und Jugendliche therapieren, mit der KJP-Approbation hat man nur eine Behandlungserlaubnis für Kinder und Jugendliche bis 21 Jahre. Dadurch wird für viele Psychologen/-innen die PP-Approbation attraktiver. Es ist jedoch so, dass Psychologische Psychotherapeuten/-innen nur Behandlungen mit Patienten/-innen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, mit den Krankenkassen abrechnen dürfen.

Doch auch hier gibt es Weiterbildungsmöglichkeiten, die eine Abrechnung mit Patienten/-innen unter 18 Jahren ermöglichen:

  1. Die Erwachsenentherapeuten/-innen haben auch die Möglichkeit eine zweite Approbation zu erlangen und sich dafür einen Großteil ihrer PP-Ausbildung anerkennen zu lassen.
  2. Es besteht die Möglichkeit eine sozialrechtlich relevante Zusatzausbildung im Bereich Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie zu erlangen. Diese Möglichkeit ist nicht so aufwendig wie eine zweite Approbation.

Erwachsenentherapeuten/-innen wird es also etwas leichter gemacht eine sozialrechtliche Zusatzqualifikation im Kinder- und Jugendlichenbereich zu erlangen. Wenn man an Jobs oder Kassensitzen im Bereich Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie interessiert ist, ist es meiner Erfahrung nach aber von Vorteil die Grundausbildung KJP gemacht zu haben.

Wie sieht es mit der Bezahlung von Psychotherapeut/-innen aus?

Die Krankenkassen zahlen für die Psychotherapie mit Kindern und Jugendlichen genauso viel wie für die Psychotherapie mit Erwachsenen – hier gibt es also keine Unterschiede.

In den Kliniken kann der Fall eintreten, dass man nach seinem Grundstudium bezahlt wird. Da einige KJPler Abschlüsse in Pädagogik oder anderen Studienfächern haben, könnte es hier zu einem geringeren Gehalt kommen. Für Psychologen/-innen macht es keinen Unterschied, ob man in einer Klinik für Erwachsene oder für Kinder- und Jugendliche angestellt ist.

Meine eigene Erfahrung als Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin

Ich als angehende Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin habe die Erfahrung gemacht, dass man in der KJP-Ausbildung auch viel über Erwachsene lernt. Die Therapie mit Kindern und Jugendlichen ist ohne die Arbeit mit Bezugspersonen kaum möglich. Dadurch ist man viel in Kontakt mit Eltern, Schulen, dem Jugendamt, Kitas, etc. Zudem folgt nach jeder vierten Behandlungsstunde mit dem Kind/dem Jugendlichen eine Behandlungsstunde mit den Bezugspersonen. Auch in den Theorieseminaren wird der Umgang mit Bezugspersonen und Wissen über psychische Störungen im Erwachsenenalter gelehrt, denn nicht selten hat man es auch mit psychisch kranken Eltern zu tun. Je kleiner die Kinder sind, desto wichtiger und häufiger wird die Arbeit mit Bezugspersonen. In Säuglings- und Kleinkindsprechstunden arbeitet man fast nur mit den Eltern.
In der Erwachsenentherapie hat man vermutlich nicht so viel Kontakt mit Kindern und Jugendlichen. Hinzu kommt, dass sich das Psychologiestudium an den meisten Universitäten nur auf Krankheitsbilder im Erwachsenenalter konzentriert und kaum oder kein Wissen über Krankheitsbilder im Kindes und Jugendalter vermittelt wird.
Es stößt daher oft auf Unverständnis, dass die zusätzliche PP-Approbation für KJPler umfangreicher und aufwendiger als die KJP-Zusatzqualifikation für die PPler ist.
Dieses Ungleichgewicht schlägt sich leider auch in den Zahlen nieder: In einer von unith durchgeführten Studie würden 46% der Psychologiestudierenden eine KJP-Ausbildung wählen, wenn die Ausbildungsbedingungen denen der PPler entsprechen würden (Unger & Fydrich, 2013). Unter den aktuellen Bedingungen wählten nur 14% die KJP-Ausbildung.
Vermutlich haben sich die Zahlen etwas gebessert, da inzwischen viele Bundesländer 2/3 der KJP Ausbildung für die PP-Approbation anerkennen.

Zu diesem Thema bin ich natürlich etwas voreingenommen und schaue darauf aus der Sichtweise einer KJPia. Daher bin ich sehr interessiert an euren Meinungen und Erfahrungen. Schreibt mir also gerne in die Kommentarspalte! Ich verlinke euch hier noch einen interessanten Artikel zu dem Thema.